Kößlarn: Bunte Gewänder, Trachten aus dem vorletzten Jahrhundert, Schafe, Ziegen, Ferkel, Fahnen, Blasmusik und Bier: All diese Attraktionen hatte am vergangenen Sonntag der traditionelle Umzug zum Erntedankfest in Kößlarn zu bieten, mit dem die Ortsbewohner jedes Jahr einen über zweihundertjährigen Brauch feiern.
Da es sich aber um eine kirchliche Festlichkeit handelt, ging der Prozession ein Festtagsgottesdienst in der Kößlarner Pfarrkirche voraus, den Pfarrer Jörg Fleischer, Vikar Bernard Cheemalapenta und der ehemalige Ortspfarrer Hans Schiermeier zelebrierten. Am Fest von Mariä Geburt wies Fleischer darauf hin, dass Maria ein „Original“ des Menschen gewesen sei, dem jeder versuchen sollte nachzueifern. Anknüpfend an die aktuelle Klimadebatte betonte er, es gehe nicht nur um Umwelt- und Klimafragen, sondern auch um das geistige Klima, aus dem Gott nicht ausgeblendet werden dürfe. Die Zukunft sei von Gott her zu gestalten, das Leben müsse umfassend geschützt werden. Erst durch gelebten den Glauben und die Macht des Gebetes kommt unsere Welt und die Sicht auf die Dinge wieder ins rechte Lot. Pfarrer Fleischer plädierte in diesem Zusammenhang für „Sunday for future“ und zitierte den emeritierten Papst Benedikt XVI., das Christentum in Europa sei schwach und müde geworden. Passend zum Fest des Dankes für die Ernteerträge und Nahrungsgrundlagen rief er auch dazu auf, dankbare Menschen zu werden und Gott, der uns zuerst geliebt hat von Herzen zu lieben.
Im Anschluss an den Gottesdienst, den der Chor unter Leitung von Julia Hainthaler musikalisch begleitete, setzte sich der Zug mit zahlreichen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die sich dafür entschieden hatten, in die Rolle eines bestimmten herkömmlichen Berufs zu schlüpfen, in der Nähe der Kirchenburg in Bewegung und zog seine Runde durch den Oberen und Unteren Markt. Hunderte von Zuschauern, die den Straßenrand säumten, sahen Bäcker, Jäger, Metzger, Bauern und Schafhirten samt ihren Tieren zur Musik der Kößlarner Blaskapelle die Hauptstraße entlangmarschieren, wobei die ein oder andere Ziege schon mal ungeduldig vorausstürmte. Engel- und Heiligenfiguren wurden ebenso mitgeführt wie alte bäuerliche Gerätschaften. Die Geistlichen trugen unter dem Baldachin das Allerheiligste mit; ihnen folgten prominente Gäste wie Landrat Franz Meyer, Bezirksrätin Cornelia Wasner-Sommer oder der Landtagsabgeordnete Walter Taubeneder, Bürgermeister Willi Lindner und der Marktgemeinderat sowie einige Bürgermeister umliegender Gemeinden. Unter den Vereinen waren die Goldhaubenfrauen, Arbeiterverein, Frauenbund und Freiwillige Feuerwehr vertreten, wobei letztere auch den Markt vor dem Durchgangsverkehr sicherte. Zurück vor der Kirchenburg erteilte Pfarrer Fleischer am „Portalstöckl“ den Segen. Das Wetter war diesmal zwar eher kühl geraten, blieb aber wider Erwarten trocken und erlaubte somit auch zahlreichen Marktbürgern und Gästen, das Straßenfest in der Münchhamer Straße aufzusuchen, wo zu den Klängen der Blasmusik in gemütlicher Atmosphäre u.a. Braten, Würstchen, Gebäck und Bier zu genießen waren. Damit war es den Kößlarnern erneut in einer Gemeinschaftsleistung gelungen, das überregional bekannte Fest auf die Beine zu stellen. -Martin Niedermeier